Optionen zum Widerruf einer Baufinanzierung

Baufinanzierung WiderrufEine Finanzierung sollte gut geplant sein. Doch nicht immer lässt sich alles im Voraus absehen, was die Veränderungen in unserem Leben betrifft. Dies betrifft insbesondere Kredite und Finanzierungen, z. B. in Form einer Bau- oder Immobilienfinanzierung. Und da diese oft wesentlich länger als ein herkömmlicher Ratenkredit läuft, kommt ein Widerruf der Finanzierung gar nicht so selten vor.

Doch lässt sich eine Hausfinanzierung einfach so widerrufen? Welche Probleme können auf den Kreditnehmer zukommen? Und welche Kosten entstehen dabei? Fragen, mit denen wir uns hier beschäftigen wollen.

Wann ist ein Widerruf der Baufinanzierung möglich?

Grundsätzlich gilt: Jeder Vertrag für eine Baufinanzierung kann widerrufen werden, und zwar zu jedem gewünschten Zeitpunkt. Hört sich also alles ganz einfach an – wäre da nicht die gefürchtete Vorfälligkeitsentschädigung. Bei dieser handelt es sich um eine Form von „Strafzahlung“, welche der Kreditnehmer an den Kreditgeber zahlen muss, sofern der Kreditvertrag vor dem eigentlichen Ablaufzeitpunkt gekündigt wird.

Der Sinn dahinter ist einfach nachvollziehbar: Durch die vorzeitige Kündigung des Darlehens entgehen dem Kapitalgeber Zinseinnahmen, die wiederum durch die Vorfälligkeitsentschädigung kompensiert werden sollen.

Die Vorfälligkeitsentschädigung wird fast immer vertraglich festgelegt. Daher gehen die meisten Kreditnehmer davon aus, dass sie um diese, mitunter sehr schmerzhafte Verpflichtung nicht herumkommen.

Falsch! – es gibt durchaus Mittel und Wege, mit denen der Kreditnehmer um die verhasste Vorfälligkeitsentschädigung herumkommt. Und das natürlich völlig legal. Genauer gesagt geht es um die verschiedenen Optionen zum Widerruf einer Immobilienfinanzierung, die wir nun etwas näher beleuchten möchten:

Wie wirken sich Fehler in der Widerrufsbelehrung aus?

Wird ein Kreditvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Kreditinstitut bzw. Kreditgeber geschlossen, so muss dieser verpflichtend mit einer Widerrufsbelehrung versehen sein. Die Belehrung selbst muss dabei ebenfalls vorgegebenen rechtlichen Ansprüchen genügen, ansonsten kann sie unwirksam werden.

Und wer nun denkt, dass bei Banken und Kreditgebern wohl kaum fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in den Verträgen vorhanden sein können, der irrt sich gewaltig. Die Verbraucherzentralen in Deutschland haben in der jüngeren Vergangenheit rund 10.000 Kreditverträge auf die Richtigkeit der enthaltenen Widerrufsbelehrung geprüft und fanden heraus, dass fast 80 Prozent aller Widerrufsbelehrungen Fehler enthielten und somit ganz oder zumindest teilweise unwirksam waren.

Ein kleines Beispiel: In vielen Widerrufsbelehrungen ist die Information enthalten, dass das „Widerrufsrecht des Verbrauchers mit Inkrafttreten des Vertrages beginnt“. Diese Formulierung ist erwiesenermaßen falsch und sorgt dafür, dass die Widerrufsfrist ins Leere läuft und der Kreditnehmer somit die Möglichkeit hat, seinen Vertrag auch nach Monaten oder gar Jahren noch zu widerrufen.

Dazu muss man wissen: Die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsfrist erlaubt es dem Verbraucher, in einem Zeitraum von 14 Tagen nach Beginn seines Widerrufsrechts den geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Dies kann ohne Angabe von Gründen geschehen. Da der Widerruf schriftlich erfolgen muss, ist in der Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer zulässig, er kann allerdings per E-Mail getätigt werden.

Aufgrund solcher möglichen Fehler ist es sehr wichtig, den Darlehensvertrag für die Immobilienfinanzierung genau prüfen zu lassen. Am besten nehmen Sie dafür die Hilfe von einem spezialisierten Anwalt oder von der Verbraucherschutzzentrale in Anspruch. Letztgenannte Möglichkeit ist allgemein günstiger, allerdings müssen Sie hier u. U. eine Bearbeitungszeit von mehreren Wochen in Kauf nehmen.

Kann eine Vorfälligkeitsentschädigung zurückgefordert werden, wenn sie bereits bezahlt wurde?

Bei einer bereits bezahlten Vorfälligkeitsentschädigung hat der Kreditnehmer die Möglichkeit, innerhalb einer Verjährungsfrist von drei Jahren einen Einspruch einzulegen und die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu fordern.

Dabei ist zu beachten: Die Verjährungsfrist beginnt am 31. Dezember des Jahres, in dem die Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt wurde. Ab dann beträgt sie drei Jahre. Sollte also eine Vorfälligkeitsentschädigung beispielsweise im März 2015 gezahlt worden sein, so beginnt die dreijährige Verjährungsfrist am 31. Dezember 2015 und endet schließlich am 31. Dezember 2018. Wer also bereits am Anfang eines Jahres seine Vorfälligkeitsentschädigung zahlt, für den ergibt sich effektiv eine Verjährungsfrist, die fast vier Jahre beträgt.

Muss eine Vorfälligkeitsentschädigung auch bei bereits lang laufender Baufinanzierung gezahlt werden?

Viele Baufinanzierungen werden über einen langen Zeitraum, zum Beispiel 15 oder 20 Jahre, abgeschlossen. Nun fragt sich mancher Kreditnehmer, ob es überhaupt rechtens ist, beispielsweise nach einem Zeitraum von zehn Jahren, in denen die Raten regelmäßig bedient und Zinsen gezahlt wurden, überhaupt noch eine Vorfälligkeitsentschädigung zu fordern.

Hier gilt folgende gesetzliche Regelung: Nach einer Laufzeit von zehn Jahren hat der Kreditnehmer das Recht, die Baufinanzierung innerhalb von sechs Monaten abzulösen, ohne dass dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung gefordert werden darf. Leider wissen viele Immobilienbesitzer in Deutschland nicht von dieser Regelung. Mancher Finanzierungsanbieter nutzt diesen Umstand aus und fordert für eine Ablöse nach zehn Jahren trotzdem die besagte Entschädigung, und der Verbraucher bezahlt sie, obwohl er dies nicht müsste.

Achtung: Fehler in der Vorfälligkeitsentschädigung

Zusätzlich zu den hier beschriebenen Optionen für den Widerruf einer Hausfinanzierung besteht immer auch die Möglichkeit, dass die Vorfälligkeitsentschädigung bzw. deren Höhe vom Kreditgeber falsch berechnet wurde. Es ist daher anzuraten, die entsprechende Summe selbst auszurechnen. Dafür gibt es inzwischen komfortabel zu bedienende Rechner im Internet. Sofern die Summe falsch berechnet wurde, besteht die Möglichkeit, sie rückwirkend wieder einzufordern und die Immobilienfinanzierung zu widerrufen, ohne den finanziellen Obolus leisten zu müssen.
 

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Setzen Sie auf einen erfahrenen Rechtsbeistand

Da es bei der Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen meist um hohe Summen geht, stellen sich Kreditgeber hier oft quer und der betreffende Fall landet letztendlich vor Gericht. Grundsätzlich ist es möglich, als Verbraucher bzw. Kreditnehmer sein Recht eigenständig einzuklagen und die Sache somit selbst in die Hand zu nehmen, empfehlenswert ist dies allerdings nicht. Nur ein auf Immobilien- bzw. Vertragsrecht spezialisierter Anwalt kann sämtliche rechtlichen Feinheiten bis ins Detail kennen und somit eine wirkungsvolle Verteidigungs- oder Angriffsstrategie ausarbeiten.

Bezüglich der Kosten für den Rechtsbeistand sollte zunächst eruiert werden, ob eine vorhandene Rechtsschutzversicherung diese übernimmt. In manchen Rechtsschutzversicherungen sind Fälle, die mit Bau- bzw. Immobilienfinanzierungen zu tun haben, generell ausgeschlossen. Falls dies bei Ihrer Rechtsschutzversicherung der Fall ist, sollten Sie die Erfolgschancen vor Gericht zunächst ganz genau von Ihrem Anwalt prüfen lassen, bevor Sie sich dem Risiko aussetzen, im Falle eines verlorenen Prozesses die Kosten letztendlich selbst übernehmen zu müssen.

Fazit
Es gibt durchaus Möglichkeiten, eine bereits abgeschlossene Bau- oder Immobilienfinanzierung zu widerrufen, ohne dass dafür die gefürchtete Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Wichtig ist, die diesbezüglichen gesetzlichen Möglichkeiten genau zu kennen und den Finanzierungsvertrag von einem echten Experten auf Herz und Nieren prüfen zu lassen. Dann stehen die Chancen gut, mehrere tausend Euro für die Entschädigung einzusparen.